Die Ratingagentur Franke & Bornberg hat am 24.04.2018 via Blogartikel die Neuauflage ihrer BU-Leistungsstudie angeteast. FuB Artikel waren schon immer amüsant, ein guter Grund mal wieder genauer hin zu schauen.

Die frohe Botschaft grob zusammengefasst: Rund 75 % Leistungsquote, also grob jeder dritte Antragssteller bekommt seine BU-Rente. Ist ja toll, heile Welt.

Typische Fallstricke in den Versicherungsbedingungen, bspw. Verweisungsmöglichkeiten oder Leistungsausschlüsse, würden “allen Unkenrufen zum Trotz” in der Praxis keine Rolle spielen.Franke und Bornberg Leistungsstudie

Das Ding mit den Zahlen, Verteilung der Ablehnungsgründe

FuB hat meiner rein persönlichen Meinung nach schon immer ein wenig Probleme mit dem Rechnen gehabt. Diese Tradition setzt man im Blogartikel zur Neuauflage der Leistungsstudie konsequent fort.

Damit meine ich nicht einmal, dass man schlicht vergessen hat, für “Prognosezeitraum nicht erfüllt” einen Prozentsatz anzugeben.

franke und bornberg leistungsstudie Quelle des Screenshots: Franke und Bornberg GmbH

Verzeihlich. 10 % hier oder da, wen interessiert das schon, kann ja mal passieren.

Relevanter sind die inhaltlichen Schlüsse, die man aus diesem Teaser ziehen kann. Aus diesem Grund habe ich das Textzitat unter dem Screenshot belassen. Ist natürlich alles geistiges Eigentum der Franke und Bornberg GmbH.

Die Grafik sagt grob aus:

  • 48,5 % der abgelehnten Leistungsfälle haben den erforderlichen BU Grad (idR 50 %) nicht erreicht
  • 30,5 % der abgelehnten Leistungsfälle basieren auf Verletzungen der vorvertraglichen Anzeigepflicht
  • 10 % der abgelehnten Leistungsfälle haben den Prognosezeitraum nicht erfüllt

Salopp gesagt, 89 % der abgelehnten Leistungsfälle sind halt schlicht nicht berufsunfähig.

Wenn ich den Prognosezeitraum (idR 6 Monate voraussichtlich) nicht erfüllt habe, keine Einschränkung gem. definiertem BU Grad vorliegt (meist “den zuletzt ausgeübten Beruf zu 50 % nicht mehr ausüben können”), dann bin ich eben nicht berufsunfähig. Und wenn ich den Versicherer salopp gesagt bei Abschluss verarscht habe, ist dieser unter Umständen halt leistungsfrei, dazu später mehr.

Bewusst provokativ der “FuB Logik” folgend hieße das aber auch, die anderen rund 11 % der abgelehnten Leistungsanträge sind wohl eigentlich berufsunfähig im Sinne der Leistungsvoraussetzungen.

Schaut man sich nun diese Verteilung wiederum an, ergäbe sich überspitzt folgendes Bild:

  • 39 % der Schnittmenge “ist berufsunfähig gem. Leistungsvoraussetzungen” und “wurde abgelehnt, beruhen auf Ausschlüssen
  • 22,7 % der Schnittmenge “ist berufsunfähig gem. Leistungsvoraussetzungen” und “wurde abgelehnt, beruhen Verweisungsmöglichkeiten
  • 38,2 % der Schnittmenge “ist berufsunfähig gem. Leistungsvoraussetzungen” und “wurde abgelehnt, beruhen auf “Sonstige” = weiß ich nicht

Natürlich ist das etwas provokativ überspitzte Taschenspielermathematik. Effektiv zeigt sich so aber ein gänzlich anderes Bild. Zudem halte ich den Mehrwert einer Statistik mit “38,2 % ohne Aussage” (= keine Ahnung) für leidlich überschaubar.

Auf die FuB Aussage zur Irrelevanz typischer BU-Fallstricke käme ich mit dieser “Statistik” so jetzt nicht. Aber was weiß ich schon als kleines Maklerle.

Verletzung vorvertragliche Anzeigepflicht, oh weh

Aus meiner Sicht noch peinlicher sind die 30,5 % Ablehnungsgründe “Anfechtung, Rücktritt”. Diese Rechte des Versicherers sind zeitlich befristet auf 5, respektive 10 Jahre.

Heißt, diese Ablehnungsgründe sind (abgesehen von theoretischen Konstrukten) praktisch nur für die Leistungsfälle relevant, die binnen der ersten 5 oder 10 Jahre der Vertragslaufzeit beantragt wurden. Die Prozentangabe ist also in Relation zum Gesamtbestand zeitlich zu hinterfragen.

Ohne diese Einordnung ist die reine Prozentangabe völlig hirnrissig. Schließlich werden wohl kaum alle in der Stichprobe betrachteten Leistungsfälle binnen der ersten 5-10 Jahre eingetreten sein. Auf die Brisanz dieser Thematik komme ich später noch einmal im Fazit zurück.

Welche Erkenntnisse bringt die “Studie” für Versicherungsnehmer?

Zwei Erkenntnisse ergeben sich, insbesondere aber nichts Neues.

Erstens, der BU Leistungsnachweis ist insbesondere ein medizinischer, kein rechtlicher Nachweis.

Dieser Umstand und die korrekt dargestellte Komplexität sind nicht erst seit gestern bekannt. Ein professioneller BU Leistungsantrag steigert die Leistungswahrscheinlichkeit einer Berufsunfähigkeitsversicherung maßgeblich.

Aus genau diesem Grund kooperiere ich für meine Kunden mit der Versicherungsberaterkanzlei RWM Group in Kassel. Generell ist es schlicht zu empfehlen den BU Leistungsantrag nicht als “do it yourself”-Projekt zu versuchen, besser professionelle Hilfe holen. Eine empfehlenswerte Adresse für Jene, die eine BU Rente beantragen wollen, ist auch die Versicherungsberaterin Angela Baumeister.

Zweitens, eine sorgfältige Aufbereitung der Gesundheitshistorie vor Antragsstellung, steigert die Leistungswahrscheinlichkeit einer Berufsunfähigkeitsversicherung zumindest in den ersten 10 Jahren erheblich. Auch wenn dies methodisch aus meiner Sicht fragwürdig im Franke & Bornberg Blogartikel dargestellt wurde, die Erkenntnis bleibt und ist nicht neu.

Einfach auch der Grund, warum ich bei der Vermittlung einer Berufsunfähigkeitsversicherung insbesondere auf diesen ersten Themenkomplex Versicherbarkeit sehr viel Wert lege.

Fazit zum Blogartikel BU Leistungsstudie von Franke und Bornberg

Ich persönlich empfinde die Darstellung im Blogartikel als wenigstens fragwürdig. Man könnte auch sagen, es werden mehr Fragen aufgeworfen, als Antworten geliefert. Mag eventuell so gewollt sein, um die eigentliche Studie zu verkaufen. Trägt aber für mich rein subjektiv nicht dazu bei Franke und Bornberg ernst zu nehmen, so wie schon immer.

Die eigentliche Kernerkenntnis zwischen den Zeilen wurde meiner Meinung nach gar nicht thematisiert. Wenn wir 30,5 % der Ablehnungen durch Verletzungen der vorvertraglichen Anzeigepflicht begründet haben, ist das auch ungeachtet der methodischen Schwächen im Blogbeitrag eine ordentliche Hausnummer. Das deckt sich wiederum mit meinen Beobachtungen in den letzten Jahren, die ich nachfolgend noch thematisieren möchte:

Die Devise mancher Versicherer heißt gefühlt schlicht “Neugeschäft um jeden Preis”. Gleichzeitig haben LVRG, sinkender Rechnungszins und am Markt insgesamt sinkende Preissettings zu einer wohl nicht ganz unbedenklichen Situation geführt. Glaubt man dem eher vagen GDV Jahresbericht für 2016, gehen heute bereits 60 % der erzielten Beitragseinnahmen in der Risikoversicherung für Leistungen drauf.

Wenn man sich mal vor Augen führt, dass eine BU meist im Alter ca. 25-30 abgeschlossen wird, Leistungsfälle in der Spitze aber erst ca. mit 50 auftreten, eine zumindest nicht ganz unbedenkliche Konstellation.

Neugeschäft wird aber wiederum dringend gebraucht. Unter anderem weil Erträge aus der Risikoversicherung zum Beispiel zur Finanzierung der Zinszusatzreserve herangezogen werden. Gerade Versicherer mit ausgedehnten Altbeständen an klassischen Kapitalversicherungen (RV und KLV, bspw. HUK, Debeka uvm.) brauchen das Neugeschäft in der Risikoversicherung schlicht zum Überleben.

Das führte in den letzten Jahren dazu, dass die eigentliche Antragsprüfung auf den Zeitpunkt der Leistungsfallprüfung verschoben wurde. Sinngemäß erstmal Geschäft, prüfen werden wir später. So meine Beobachtungen der Marktentwicklung …

Besonders bizarr in diesem Kontext empfinde ich die Tatsache, dass spätestens seit LVRG 2015 manche Gesellschaften vernünftig aufbereitetes Geschäft entweder pauschal abgelehnt oder mit absurden Ausschlüssen und Risikozuschlägen bewertet haben. Salopp gesagt: Meine Kunden sind nicht kränker als andere, ich frage nur genauer nach.

Überharte Risikoprüfung der Gesellschaften führt aber in der Praxis wiederum nur dazu, dass der Versicherer schlicht nur noch “alles nein angekreuzt”-Anträge bekommt, sprich höchstwahrscheinlich Verletzungen der vorvertraglichen Anzeigepflicht.

Der Versicherer hat dann wiederum nur die Regulative Preis, Versicherungsbedingungen, Annahmepolitik und Leistungsregulierung. Liegen die ersten drei im Argen (Neugeschäft um jeden Preis), können die Kosten für Leistungsfälle nur noch über die (dann beschissene) Leistungsfallregulierung in den Griff bekommen werden.

Und da denke ich, dass wir am Anfang einer insgesamt marktbreit bedrohlichen Entwicklung stehen. Damit meine ich nicht nur marktbreit zu erwartenden Erhöhungen der Zahlbeiträge, wie es bspw. die WWK vor kurzem durchgezogen hat. Genau aus diesem Grund ist gut beraten, wer beim Abschluss einer Berufsunfähigkeitsversicherung sehr genau und sorgfältig vorgeht.

Die FuB Studie hilft dabei allerdings nicht weiter.