Die Schüler-BU ist die viel zu schlecht bezahlte Königsdisziplin in der BU-Vermittlung. Das liegt vor allem daran, dass beim Abschluss einer Berufsunfähigkeitsversicherung für Schüler ein maximales Maß an Eventualitäten berücksichtigt und abgebildet werden muss. 

Salopp die Frage, wie man diese Berufsunfähigkeitsversicherung über 4-5 Jahrzehnte sinnvoll bedarfsgerecht halten und auf kommende Entwicklungen angemessen reagieren kann. Allein das ist schwer genug. Allein darüber machen sich erfahrungsgemäß die wenigsten Eltern beim Abschluss wirklich Gedanken.

Erschwerend kommt hinzu, dass die Gesundheitsprüfung komplexer, teils deutlich härter als bei berufserfahrenen Erwachsenen ist. Schlicht weil der zukünftige Beruf und somit potentielle Wechselwirkungen gesundheitlicher Aspekte völlig unbekannt sind.

Damit nicht genug. Im Kontext Schüler-BU hat man fast zwangsläufig mit “besorgten Eltern” zu tun. Eine Spezies für sich. Als Vater einer 3jährigen Tochter bin ich da ein für meine Verhältnisse sehr verständnisvoll. Gleichwohl, in keiner anderen BU-Konstellation gibt es mehr emotional nachvollziehbare aber rational betrachtet völlig schwachsinnige Rückfragen.

Als Erklärbar aus Leidenschaft nehme ich mich auch dem Problem an, zumindest bis zu 3mal. Einen ausgewachsenen typischen MINT-Kunden hätte ich in vergleichbaren Konstellationen schon längst in die Schranken gewiesen. Siehe auch meine Bewertungen im Bewertungsprofil, ich bin üblicherweise schmerzhaft ehrlich und direkt in der Kommunikation.

Ergänzend zu all diesen Erschwernissen ist die Vergütung bei Vermittlung einer Schüler-BU vergleichsweise gering, die gesamte Vergütungsphantasie liegt in der Zukunft. Womit sich natürlich die Frage stellt, warum ich trotzdem gern Schüler-BU vermittle, obwohl ich sonst alle Zeitfresser und Troublemaker kategorisch ablehne.

Liegt einerseits an der persönlichen Präferenz (selbst Vater) und andererseits daran, dass im Kontext Schüler-BU regelmäßig interessante Problemstellungen auftauchen, die spannende als eine weitaus wirtschaftlicherer 0815-Besserverdiener-BU sind.

Aber natürlich hat alles seine Grenzen und über eine solche Story möchte ich nachfolgend schmunzelnd berichten.

Die Vorgeschichte zur besorgten Mutter

Im Kontext Schüler-BU habe ich in der Vergangenheit gemeinsamen mit den Interessenten schon mehrfach feststellen müssen, dass unsere Naturelle einfach nicht zusammen passen. Das geschieht aber üblicherweise initial schon im Ersttermin.

Der häufigste Punkt ist dabei die “ich will aber nur einen Grundstein legen” Überlegung, die hochgradig schwachsinnig ist und ohnehin dazu führt, dass der Vertrag vom Kind später durch einen bedarfsgerechten Vertrag ersetzt wird. Wenn hier fachlich rational kein Blumentopf zu gewinnen ist, beende ich die Story lieber, bevor beide Seiten Lebenszeit verschwenden.

Salopp: Ich sehe meine Aufgabe darin den Interessenten zu verschaffen was sie brauchen, nicht zu verkaufen, was sie (in Unkenntnis wesentlicher Aspekte meinen) zu wollen.

In diesem Fall gab es solche Warnsignale nicht. Gesundheitsfragebogen lag zum Ersttermin vor, für eine Allergieproblematik waren noch Befunde zu beschaffen. In keiner Weise wild, in keiner Weise tragisch. Die Beschaffung dieser Befunde dauert nun einen Monat und die Interessentin meldet sich mit dem Befund per Mail zurück.

In der Mail wurde (ohne weitere Erläuterung) gefragt, ob sich die Gesundheitsprüfung zwischen Schüler Grundschule und Schüler Gymnasium unterscheide.

Mangels weiterer Erläuterungen ging ich natürlich davon aus, dass es um den Allergiekontext ginge. Ich schrieb eine ausführliche Mail zu den aktuellen Unterschieden in Bezug auf die Allergieproblematik zurück und warum das für den vorliegenden Fall keinen Unterschied mache. Daraufhin kam eine neue Mail zurück, dass es nicht darum ginge sondern dann doch noch eine Story im Bereich Psyche / somatisches beim Erstgespräch vergessen wurde.

Diese Salamitaktik – damit meine ich nicht das Vergessen, sondern das herum drucksen, mich beschäftigt halten und nicht einfach die Information nachreichen und gezielt zu fragen – ist äußerst unclever. Schließlich stehe ich als Versicherungsmakler auf Kundenseite. Informationen, die mir zugehen, gehen keiner Versicherungsgesellschaft zu, es sei denn, der Interessent wünscht das (bspw. Risikovoranfrage).

In normalen Fällen hätte ich hier ob des Vorgehens schon äußerst verschnupft reagiert. Aber wie gesagt, mein Geduldsfaden ist in der Schüler-BU sehr viel länger als in der regulären BU-Vermittlung.

Ich antwortete mit einer sehr ausführlichen Mail, in der ich die Story bewertet und den Lösungsansatz skizziert habe. Gleichwohl ist das ein erklärungsbedürftiges Thema, entsprechend schlug ich vor zeitnah außerhalb der regulären Geschäftszeiten zu telefonieren, um die Story sauber abzuklären. Auf diesen Vorschlag wurde eingegangen, ein Telefonat für den selbigen Tag um grob 20 Uhr vereinbart.

Das Telefonat mit der besorgten Mutter

Nachdem ich mein eigenes Kind gewickelt und bettfertig gemacht hatte, eilte ich nun 20:04 Uhr in freudiger Erwartung zum Telefon. Freudige Erwartung insofern, als das es für den vorliegenden Fall genau einen, glasklaren Lösungsansatz gibt und ich nun die Mutter beruhigen und ihr die Story erklären wollte.

Entsprechend begann das Telefonat, ich erklärt den Lösungsansatz. Besser gesagt, ich versuchte es. Bis mir die Mutter energisch ins Wort fiel:

“Wissen Sie, wenn wir eine Antragsfrage nach Psyche bejahen müssten, dann schließen wir das nicht ab.”

Ich wüsste nun beim besten Willen nicht, warum das Bejahen einer Antragsfrage bei einer im Ergebnis medizinisch glatten und zugleich rechtssicheren Annahme ein Problem darstellen könnte. Es sei denn, es gibt weitere Informationen, die mir noch nicht bekannt waren. Entsprechend wollte ich eine Frage in die Richtung stellen, kam aber gar nicht dazu.

Sie setzte spürbar aufgeregt hektisch fort, dass ja “dies und jenes” und “sie sei ja jetzt selbst berufsunfähig” und wegen “dies, das jenes würde das Kind ja dann keine Berufsunfähigkeitsversicherung mehr bekommen” … und so weiter und so fort.

Worauf ich sie bat unterbrechen zu dürfen, da sie gedanklich falsch abgebogen sei und das Eine mit dem Anderen nichts zu tun habe. Ich erklärte ausführlich, dass auf Basis der vorliegenden Informationen mit geeignetem Material zum richtigen Zeitpunkt eine pseudonymisierte Risikovoranfrage gestellt würde. Diese Risikovoranfrage ist nichts anderes als eine unverbindliche Abfrage der Versicherbarkeit, sie wird nicht gespeichert.

Mit der Risikovoranfrage wird VOR Antragsstellung geklärt zu welchen Konditionen der Versicherer den Interessenten annehmen würde. Im vorliegenden Fall unter Erfüllung der entsprechenden Voraussetzung wäre das dann mit höchster Wahrscheinlichkeit eine glatte Annahme. Und so lange man von der Risikovoranfrage im Antrag nicht abweicht, gilt die Einschätzung aus der Risikovoranfrage.

Es besteht also keinerlei Risiko.

Tatsächlich ließ sie mich hier sogar ausreden. Stellte dann aber die Frage ob “wie lange denn die Information gespeichert sei nachdem der Versicherer einen Leistungsausschluss für die Psyche nach Antragsstellung gemacht habe”.

Kurzum, sie hatte mir überhaupt nicht zugehört. Entsprechend wurde ich direkter und sagte: “Nehmen Sie es mir bitte nicht übel, aber ich fühle mich an dieser Stelle ein wenig verscheißert. Ich habe Ihnen doch gerade eben erklärt, dass kein Antrag ins Ungewisse gestellt wird. Es wird vorab eine Risikovoranfrage gestellt. Diese wird nicht gespeichert. Es wird also keinen Leistungsausschluss geben. Einerseits weil genau das vorab unverbindlich abgeklärt wird und zum anderen weil das Ergebnis dieser Klärung, das so genannte Votum verbindlich ist, wenn im Antrag von der Risikovoranfrage nicht abgewichen wird. Welche wiederum als Beiblatt Bestandteil des Antrags wird.”

Worauf sie mich ankeifte, dass sie sich das nicht bieten lassen müsse, ich sie nicht zu unterbrechen hätte. Ich entgegnete erneut, “dass die einzige tatsächliche Unterbrechung ihrerseits stattfand, als Sie mich in Bezug auf den Lösungsansatz nicht hat ausreden lassen und ich nur versuche sie wieder einzufangen, nachdem sie gedanklich falsch abgebogen ist.”

Und wie soll es anders sein, ich versuchte ein drittes Mal erneut zu erklären, wie das abläuft, was eine Risikovoranfrage ist, warum es keinen Leistungsausschluss geben wird oder kann und warum daher diese Frage keinen Sinn ergibt. Übrigens, ich erkläre niemals irgendetwas mehr als dreimal. Nie. Bringt einfach nichts.

Woraufhin sie nicht minder energisch mich während der Erklärung erneut unterbrach: “Ich kann so viele Fragen stellen wie ich will. Und die Frage, was nach dem Leistungsausschluss passiert ist völlig berechtigt. Wenn Sie …”

Dieses Mal ließ ich sie nicht ausreden. Unterbrach mit einem kurzen “Suchen Sie sich einen Kollegen (denkend, hoffentlich jemanden den ich nicht mag), wieder hören.”

Die Moral von der Geschichte mit der besorgten Mutter

Das ganze Thema BU-Vermittlung ist selten schwarz-weiß zu sehen. Oft gibt es mehrere Wege nach Rom, mit unterschiedlichen Vor- und Nachteilen. Man muss abwägen, manchmal auch ein kleineres Übel schlucken um ein größeres zu umgehen. Vieles ist bedarf ausführlicher Erklärungen und in Folge auf Interessentenseite der Abwägung.

Hier nicht. Hier gab es genau, ganz genau einen richtigen Lösungsansatz zu einem bestimmten Zeitpunkt. Nur dieser würde zu einer medizinisch vorteilhaften und zugleich rechtssicheren Annahme führen. Mir persönlich fällt bestenfalls eine Handvoll Kollegen ein, die diesen Lösungsansatz korrekt hätten herleiten können. Und die zum Teil auch nur, weil sie es von mir gelernt haben.

Damit sind wir bei den zwei Wesentlichen Erkenntnissen aus der Story.

  1. Wenn Sie mir nicht zuhören wollen, kein Interesse an meinem Rat und meiner fachlichen Expertise haben oder meinen alles besser zu wissen: Bitte direkt irgendwohin, wo man Ihnen den gewünschten Bullshit verkauft oder kommuniziert. Sparen Sie uns doch einfach die Lebenszeit.
  2. Wenn ich mir einen Profi suche, dann versetze ich diesen mit geeigneten und vollständigen Informationen in die Lage mich bestmöglich zu beraten. Salamitaktik ist scheiße und sehr fehleranfällig, von der Lebenszeitverschwendung mal abgesehen.

Kinder können nichts für Ihre Eltern. Perspektivisch ist das Kind (vor allem auch wirtschaftlich) idealerweise sehr viel länger mein Kunde, als die Eltern. Besorgte Eltern haben ihre Probleme mit rationaler Denke und Entscheidungen. Kenne ich von mir selbst leider nur zu gut.

Am Ende des Tages muss ich aber guten Gewissens in den Spiegel schauen können. Weil ich eine sinnvolle, idealerweise bestmögliche Lösung dargeboten habe. Nicht, weil ich irgendwem nach dem Schnabel geplappert, einen Abschluss gemacht und dem Kind den Knieschuss seines Lebens verpasst habe.